Die Theaterwerkstatt (60-65 Plätze) ist Würzburgs ältestes Privattheater und blickt auf eine lange, bewegte Geschichte zurück. Gegründet 1981 von dem legendären Würzburger Theatermacher Wolfgang Schulz, ist sie seit über vierzig Jahren ein Ort für anspruchsvolles literarisches Theater, politische Kontroversen und ästhetische Experimente, wobei sowohl professionelle Schauspieler als auch Amateure auf der Bühne standen.

Die längste Zeit ihrer Existenz war das Theater bekannt unter dem Namen „Werkstattbühne“ (1985-2013). Nach dem Tod von Wolfgang Schulz im Herbst 2012 hat es wieder seinen ursprünglichen Namen angenommen. Dies markiert einerseits einen Neubeginn, signalisiert aber zugleich Kontinuität in Bezug auf den „Werkstattcharakter“ der Bühne. Künstlerischer Leiter der Bühne ist seitdem Thomas Lazarus.

Experimentelles Theater

Von Beginn an prägten ästhetische Experimente den Spielplan des Theaters: Ein relativ kleiner Theaterraum und begrenzte Mittel sind dabei eher Ansporn als Hindernis. Unvergessen sind bis heute die Inszenierungen eigener Stücke durch Wolfgang Schulz (Niagara, Krakatoa-Krakatau, Phalásarna, Pol-Pol, Hitlers Schädel), bei denen die ganze Bandbreite theatraler Ausdrucksmittel vom Schauspiel bis zu audiovisuellen Installationen ausgereizt wurde. In diese Reihe gehören ferner auch die szenische Collage Es gibt kein Firmament mehr nach Texten von Antonin Artauds (Inszenierung: Thomas Lazarus, Musik: Stephan Vidi), die Realisierung  von Pablo Picassos surrealistischem Drama Wie man Wünsche beim Schwanz packt (Inszenierung Wolfgang Schulz, Musik Christoph Weinhart), oder die musikalisch und visuell aufwändigen Produktionen Nosferatu und Wassily Kandiskys Der gelbe Klang (Inszenierung: Markus Czygan, Musik: Jürgen Zink)

Literatur: Klassik, Moderne und Zeitgenössisches

Die größten Publikumserfolge konnte unser Theater mit Stücken aus dem klassischen Bildungskanon feiern: Dramen von Lessing, Schiller und Goethe standen auf dem Spielplan, jeweils mehrere Werke von Heinrich von Kleist und Georg Büchner sowie eine Reihe moderner Klassiker, z.B. Werke von Bertolt Brecht, Friedrich Dürrenmatt und Max Frisch. Das Würzburger Publikum belohnte solche Produktionen mit regem Besuch und nicht zuletzt bei Schulklassen kamen die konzentrierten und entstaubten Inszenierungen stets sehr gut an.

Von Anfang an war das Repertoire nicht auf dramatische Literatur beschränkt. Lange bevor dies auch in großen Häusern Mode wurde, zeigte die Theaterwerkstatt bzw. Werkstattbühne Werke der erzählenden Literatur, die für die Bühne eingerichtet wurden, z.B. verschiedene Erzählungen von Franz Kafka, Das Bildnis des Dorian Gray nach Oscar Wilde (Bearbeitung und Inszenierung: Cornelia Wagner) oder zuletzt Die Leiden des jungen Werther (Regie: Christina Katarina Strobel). Zum Markenzeichen der Bühne gehört auch inszenierte Lyrik, z.B. die szenisch-musikalischen Revuen Nachtgestalten und Das große Bestiarium (Regie: Thomas Lazarus)

Größere Schwierigkeiten bereitet es in letzter Zeit, das Publikum für zeitgenössisches Theater zu erwärmen. In den achtziger und frühen neunziger Jahren standen viele zeitgenössischen Autoren wie Peter Handke, Martin Sperr, Herbert Achternbusch, Rainald Goetz, Heiner Müller und vor allem Thomas Bernhard auf dem Spielplan und trafen auf reges Publikumsinteresse. In den letzten Jahren zeigte das Publikum weniger Mut, Aufführungen zu besuchen, von denen man noch nicht genau weiß, was einen erwartet. Diejenigen, die sich getraut haben, wurden allerdings fast immer mit packendes Theatererlebnissen belohnt (z.B. Unschuld von Dea Loher, Verrücktes Blut von Nurkan Erpulat oder Die lächerliche Finsternis von Wolfram Lotz).

Und das Politische…?

Diese Frage wird uns seit dem Tod von Wolfgang Schulz immer wieder gestellt, denn seine explizit marxistische Weltanschauung, der er in seinen eigenen – bisweilen brachial politischen – Werken Ausdruck verlieh, war bis zu seinem Tod ein prägender Bestandteil der „Werkstattbühne“ und viele bewunderten ihn als einen der letzten aufrechten Linken. Ihn diesbezüglich zu kopieren wäre allerdings wohl ein wenig lächerlich.

Angesichts einer immer komplexeren Wirklichkeit und eines schier unerschöpflichen Informationsangebots ist es schwieriger geworden, sich eindeutig politisch zu positionieren. Das bedeutet aber nicht, dass wir ab jetzt harmloses affirmatives oder eskapistisches Theater machen werden.  Theater ist gesellschaftlich relevant, wenn es beunruhigt, irritiert, Gewissheiten in Frage stellt, wenn es Herrschaftsmechanismen seziert oder auch nur zeigt, dass die existierende Wirklichkeit nicht so alternativlos ist, wie heute gerne suggeriert wird. Dies ist sowohl bei der Umsetzung von literarischen Stoffen als auch bei der Auseinandersetzung mit aktuellen Themen möglich und wird auch in Zukunft die Programmgestaltung der Theaterwerkstatt leiten.

Unterstützt wird die Theaterwerkstatt  von der Stadt Würzburg und dem Bezirk Unterfranken.
Träger des Theaters ist der Verein Theaterwerkstatt  e.V.
(1. Vorstand: Thomas Lazarus, 2. Vorstand: Uwe Bergfelder, Kassier: Bernd Albrecht)